Aktuelles

  • Diskurs: Positionspapier zum Hilfskrankenhaus in Siegen-Fludersbach
  • Ausstellung: Rosa Winkel im Kreishaus Siegen-Wittgenstein
  • Unterstützungsaktion: Alte Synagoge in Bad Laasphe
  • Internetprojekt: Sinti in Netphen-Eschenbach
  • Petition: Die VVN-BdA muss gemeinnützig bleiben!
  • Resolution: NRW-Finanzämter drohen der VVN-BdA mit Entzug der Gemeinnützigkeit
  • Diskurs

    Positionspapier von „Aktives Museum Südwestfalen e.V., Geschichtswerkstatt Siegen e.V., Prof. Dr. phil. Eva von Engelberg, Architekturgeschichte an der Universität Siegen, und VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein

    Das System der Zwangsarbeit ist eines der größten Massenverbrechen des Nationalsozialismus. Zwangsarbeiter*innen mussten in den Betrieben ebenso arbeiten wie in der Landwirtschaft und den Haushalten. Mit Beginn des Überfalls der Wehrmacht auf die benachbarten Staaten stieg die Zahl ausländischer Arbeitskräfte bis zum Kriegsende stetig an. Insgesamt spricht die Forschung von bis zu 13,5 Millionen Opfern der Zwangsarbeit in Deutschland. Allein 3,3 Millionen Kriegsgefangene aus der Sowjetunion starben dabei als Zwangsarbeiter*innen im Deutschen Reich. Ohne Zwangsarbeiter*innen wäre die deutsche Wirtschaft kollabiert. Gleichzeitig war dieses System Ausdruck nationalsozialistischer Rassenideologie.

    Umso erstaunlicher ist, dass dieses Verbrechen in der Nachkriegszeit so konsequent verdrängt wurde. Es war doch vor aller Augen geschehen und gebilligt worden und schloss die unmenschliche Behandlung der Zwangsarbeiter*innen sowie deren Misshandlungen bis zum Tode mit ein. Erinnert sei auch an die verschleppte Diskussion um Entschädigungszahlungen und die erst im Jahr 2000 gegründete Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“.

    Das Siegerland war in diesem System keine Ausnahme. Im Jahr 1944 lag die Zahl der nichtdeutschen Arbeitskräfte im Arbeitsamtsbezirk Siegen bei ca. 15.000. Noch heute zeugen mehr als 1000 Gräber im Siegerland von deren Schicksal.

    Eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas für unsere Region brachte erst die Veröffentlichung des Historikers Ulrich Opfermann aus dem Jahr 1991. Sein Buch „HeimatFremde ‚Ausländereinsatz‘ im Siegerland, 1939 bis 1945: wie er ablief und was ihm vorausging.“ zeichnet ein umfassendes Bild des Systems der NS-Zwangsarbeit im Altkreis Siegen und angrenzenden Raum und ordnet dies in den übergeordneten historischen Kontext ein. Opfermann war es auch, der das Hilfskrankenhaus in der Fludersbach dem Vergessen entriss und Zeugenaussagen zu den schrecklichen Geschehnissen aufzeichnete.

    Durch diese Publikation angestoßen und getragen folgten bis heute Aktivitäten aus der Zivilgesellschaft, um das Schicksal der Zwangsarbeiter*innen in unserer Region nicht in Vergessenheit geraten zu lassen z.B.

    • der Blog der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein „Mitten unter uns. Zwangsarbeit im Siegerland 1939-1945“ (2011)
    • angestoßen durch eine Publikation des Aktiven Museums aus den 80er Jahren eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Namensgebung des „Friedrich-Flick-Gymnasiums“ in Kreuztal wegen Flicks Verurteilung als Kriegsverbrecher im Zusammenhang mit massivem Zwangsarbeitereinsatz in seinen Unternehmen (Umbenennung in „Städtisches Gymnasium Kreuztal“ 2008)
    • diverse Besuche von ehemaligen Zwangsarbeiter*innen, begleitet von gesellschaftlichen Akteuren sowie Publikationen und Nachforschungen u.a. von Schulklassen
    • öffentliche Podiumsdiskussion in der Martinikirche zur Erinnerungskultur zum Thema im Anschluss an eine Theateraufführung des Stückes „Fremde.Heimat.Erinnerung“ von „Junges Theater Siegen“ (2022)
    • die Ausstellung „Verschleppt. Ausgebeutet. Vergessen? Zwangsarbeit im Siegerland“ des Aktiven Museums 2023 mit über 800 Besucher*innen,
    • Aufruf des Aktiven Museums zur Schaffung eines Gedenk- und Lernortes zur Zwangsarbeit in der Fludersbach (März 2024)

    Die Stellungnahme des LWL-Archäologie für Westfalen mit dem Titel „Kellerräume des ‚Hilfskrankenhauses‘, Fludersbach 126 (AKZ 5114,804). Denkmalfachliche und denkmalrechtliche Bewertung“ vom 21.06.2024 macht uns Hoffnung. Der Ort ist nun vorerst geschützt, vor dem leichtfertigen „Wegbaggern“ bewahrt und wird von den Fachleuten der LWL-Archäologie erforscht und dokumentiert.

    Die Stellungnahme des LWL-Archäologie ist unter diesem Link Stellungnahme des LWL-Archäologie im Rathausinformationssystem der Stadt Siegen abrufbar.

    Das Schicksal der Menschen, die dort gelitten haben und gestorben sind, wovon auch der benachbarte Zwangsarbeiter*innenfriedhof zeugt, darf nicht wieder vergessen werden. Die erhaltenen baulichen Zeugnisse markieren den authentischen Ort des Geschehens. Es muss möglich sein, künftig am Ort zu gedenken.

    Wie dies konkret aussehen kann, muss Ergebnis einer öffentlich geführten Diskussion sein. Wir möchten diese Diskussion fördern und laden alle Interessierten und andere zivilgesellschaftliche Gruppen ein, sich daran zu beteiligen. Wir werden nach unseren Möglichkeiten Angebote machen, sich mit dem Thema „NS-Zwangsarbeit“ und deren baulichen Zeugnissen zu beschäftigen. So kann der Umgang mit authentischen Erinnerungsorten in Lehrveranstaltungen thematisiert werden. Ab sofort steht das vergriffene Buch von Ulrich Opfermann als PDF mit Volltextsuche und als optimierte Datei für E-Book-Reader (epub) für den kostenlosen Download unter zwangsarbeit-im-siegerland.de/literatur zur Verfügung.

    Machen wir uns das Stiftungsmotto zu eigen: Erinnerung! Verantwortung! Zukunft!

    Literaturauswahl

    • Ulrich Opfermann: HeimatFremde „Ausländereinsatz“ im Siegerland, 1939 bis 1945: wie er ablief und was ihm vorausging. Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung Bd. III Herausgegeben vom Förderverein „Geschichte der Arbeiterbewegung und der Gewerkschaften für den Kreis Siegen-Wittgenstein“ e.V. Hell&Dunkel Verlag, Siegen 1991
    • Spoerer, Mark, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa, Stuttgart, München 2001
    • Volkhard Knigge, Rikola-Gunnar Lüttgenau und Jens-Christian Wagner: Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg – Begleitband zur internationalen Wanderausstellung. Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Wallstein Verlag, Weimar 2010
    • Blog der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein „Mitten unter uns – Zwangsarbeit im Siegerland 1939-1945“ (2011), zwangsarbeit-im-siegerland.de
    • siwiarchiv.de: „Die Fludersbach als Gedenkort zur Zwangsarbeit im Siegerland entwickeln“

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    Ausstellung

    „Rosa Winkel. Als homosexuell verfolgte Häftlinge in den Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora“

    Etwa 700 Männer wurden im Nationalsozialismus als Homosexuelle in die Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora verschleppt. Dort mussten sie zur Kennzeichnung einen rosa Winkel auf ihrer gestreiften Häftlingskleidung tragen. Unter welchen Bedingungen sie im KZ litten und welche Erfahrungen sie auch nach der Befreiung machten, erzählt diese Ausstellung.

    Im Unterschied zu anderen Verfolgtengruppen wurde den als homosexuell Verfolgten nach 1945 jahrzehntelang die Anerkennung als NS-Opfer verweigert. Ursache dafür waren Kontinuitäten der Verfolgung, die lange vor 1933 begann und nach 1945 andauerte. Der im Kaiserreich 1871 eingeführte und von den Nationalsozialisten verschärfte Strafrechtsparagraf 175, der männliche Homosexualität unter Strafe stellte, wurde in der Bundesrepublik erst 1968 abgeschwächt und 1994 endgültig abgeschafft.

    Rechtlich sind queere Menschen in Deutschland heute weitgehend gleichgestellt. Doch können sie frei von Angst vor Gewalt und Ausgrenzung leben?

    Eine Ausstellung von Studierenden der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Zusammenarbeit mit der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora.

    Vor Ort durchgeführt und verantwortlich für das Rahmenprogram:
    Queere Initiative Siegen e.V. und VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein

    Rahmenprogramm

    Ausstellungseröffnung

    Grußworte von Landrat Andreas Müller, Einführung in die Ausstellung von Daniel Schuch, Uni Jena/Kurator der Ausstellung, Ansgar Cziba, Queere Initiative Siegen e.V., Verena Stamm, VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein
    am Montag, 10.06.2024 um 11:00 Uhr
    im Foyer des Kreishaus Siegen-Wittgenstein, Koblenzer Straße 73, 57072 Siegen

    Herzenslust Filmabend

    „Männer Helden Schwule Nazis – ein Film von Rosa von Praunheim“
    am Samstag, 22.06.2024 ab 20:00 Uhr
    im andersROOM, Freudenberger Straße 67, 57072 Siegen

    Vortrag

    Dr. Alexander Zinn: „Rosa-Winkel-Häftlinge. Homosexuelle in den NS-Konzentrationslagern.“
    am Donnerstag, 04.07.2024 um 19:00 Uhr
    im KrönchenCenter Siegen, Markt 25, 57072 Siegen

    Vortrag

    Randi Becker: „Schwarzer Winkel – Verfolgung von Lesben und Frauen im Nationalsozialismus“
    am Mittwoch, 10.07.2024 ab 19:00 Uhr
    im andersROOM, Freudenberger Straße 67, 57072 Siegen

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    Unterstützungsaktion

    Unterstützt das Projekt „Alte Synagoge“ in Bad Laasphe

    Nachdruck einer historischen Stadtansicht der Stadt Siegen mit Synagoge – Verkauf kommt dem Projekt „Alte Synagoge“ in Bad Laasphe zugute

    In einer Internetauktion ist es der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein gelungen, eine XXL – Panoramakarte mit dem Motiv der Stadt Siegen in der Abmessung 42.0 cm x 15.5 cm zu erwerben. Das Besondere an der historischen Aufnahme: Die von den Nazis am 10. November 1938 zerstörte Siegener Synagoge ist darauf sehr präsent und gut erkennbar. Die Reichspogromnacht jährt sich in diesem Jahr zum 85. Mal.

    Ein Plan war damit schnell erdacht. Die VVN hat die Karte reproduzieren lassen und stellt sie nun zum Verkauf. Der Gewinn aus dem Verkauf kommt auf direktem Wege dem Projekt „Alte Synagoge“ des Bad Laaspher Freundeskreis für christlich-jüdische Zusammenarbeit zugute. Im ehemaligen jüdischen Gebetshaus in der Bad Laaspher Altstadt will der Freundeskreis „einen Ort des Erinnerns und des Gedenkens, aber auch des gesellschaftspolitischen und des historischen Lernens, der gesellschaftlichen Begegnung, des interreligiösen Dialogs und des kulturellen Austausches“ entstehen lassen. Trotz kürzlicher Förderzusage der NRW-Stiftung werden dringend weitere Spenden in nicht unbeträchtlicher Höhe vonnöten sein, um das Projekt zu realisieren.

    Auf den neugeschaffenen Internetseiten des Freundeskreises können sich Interessierte umfangreich über das Umbauvorhaben informieren. Zu erreichen ist diese unter der Adresse https://cjz-badlaasphe.de/.

    Als Projektpartner konnte die VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein die Buchhandlung MankelMuth gewinnen. Die Reprints der historischen Ansichtskarte werden ab dem 01. September 2023 exklusiv in den fünf Buchhandlungen der Kette in Siegen-Weidenau, an der Universität Siegen, in Kreuztal, Bad Berleburg und Betzdorf zu erwerben sein.
    Magnus Muth: „Für uns war sofort klar, dass wir bei der Aktion mitmachen. Die Entstehung eines solchen Lern- und Begegnungsortes, wie in Bad Laasphe mit dem Projekt „Alte Synagoge“, ist eine wichtige kulturelle Bereicherung und ein wertvoller Beitrag für das friedliche Zusammenleben in unserer Region. Und das Bild der Oberstadt, welches man quasi als „Gegenleistung“ für den Beitrag erhält, ist wirklich besonders und schlicht schön.“

    Die Karte liegt in zwei unterschiedlichen Versionen vor, einmal mit Passepartout und einmal ohne, und ist zum Preis von 9,50 € bzw. 10,50 € erhältlich. Es gilt: Nur solange der Vorrat reicht.

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    Internetprojekt

    Zwei Sinti-Familien in Netphen-Eschenbach:
    Ein neuer Erinnerungsort im Internet

    Zehn Jahre nach der Veröffentlichung der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein zu den verdrängten Schicksalen der Familien Egner/Wagner und im 80. Jahr ihrer Deportation von Netphen-Eschenbach und Bad Hersfeld in das Vernichtungslager Auschwitz, veröffentlicht die VVN-BdA nun einen Internetblog, der die Verfolgungsgeschichte der einzelnen Familienmitglieder nachzuzeichnen versucht und diese Ereignisse dabei in den historischen Kontext einordnet.

    Die Familie Ernestine Egner und Peter Wagner war mit ihren Kindern vom 17.10.1939 bis zur ihrer Deportation am 9.3.1943 in Eschenbach festgesetzt. Bedingt war dies durch einen Erlass Heinrich Himmlers, der alle Sinti und Roma zwang an den derzeitigen Wohnorten zu bleiben („Festsetzungserlass“). Ernestine brachte in dieser Zeit die Tochter Magdalene zur Welt. Die Kinder Anton Josef und Josef besuchten die Eschenbacher Volksschule, wie dem Klassenbuch entnommen werden kann. Das weitere Schicksal der Mutter Ernestine ist unbekannt, ebenso das der ältesten Tochter Rosa, über deren Weg in das Polizeigefängnis in Dortmund und das KZ Ravensbrück sich jedoch noch Spuren finden lassen. Der Vater Josef und seine Kinder im Alter von sechzehn, fünfzehn, dreizehn, elf, acht, sechs und zwei Jahren starben in den Konzentrationslagern Auschwitz und Mittelbau-Dora. Auch Rosas erst ein Jahr alte Tochter Hilde blieb nicht verschont. Zum Teil erschütternde Dokumente zeugen von diesen schrecklichen Verbrechen.

    Im Jahr 2014 wurde als erster Erinnerungsort für die Opfer der faschistischen Gräueltaten in Eschenbach eine von der VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein gestiftete Ruhebank, die den Titel „Zeugenbank“ trägt, errichtet. Künftig soll ein QR-Code auf den neuen Erinnerungsort im Internet hinweisen.
    Der Blog ist nun unser vierter Internetbeitrag, der der Erforschung der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Region dient und gleichzeitig Erinnerungsarbeit leisten soll. Das erste Projekt widmete sich dem Thema Zwangsarbeit im Siegerland (zwangsarbeit-im-siegerland.de), das zweite ist ein Personenlexikon, welches Biografien der TäterInnen, ProfiteurInnen und SteigbügelhalterInnen aus der Region (akteure-und-taeter-im-ns-in-siegen-und-wittgenstein.de) versammelt. Dagegen ist die dritte Darstellung Männern und Frauen gewidmet, die sich aus den unterschiedlichsten Motiven heraus gegen das NS-System richteten oder zumindest widersprachen (widerspruch-und-widerstand-im-ns-in-siegen-und-wittgenstein.de).

    Auch im neuesten Projekt konnte die VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein auf die Unterstützung von Dr. Ulrich Friedrich Opfermann bauen, der die Arbeit wissenschaftlich begleitete und wie in zwei vorangegangenen Projekten wieder den Einleitungstext beisteuerte. Die Personenlexika sind nicht zuletzt auch jahrzehntelangen Forschungen Opfermanns zum Nationalsozialsmus in der Region zu verdanken, sein Buch „HeimatFremde – „Ausländereinsatz“ im Siegerland, 1939 bis 1945: wie er ablief und was ihm vorausging“ (1991) bildete den Ausgangspunkt für den entsprechenden Blog der VVN zur Zwangsarbeit.

    Link: sinti-in-eschenbach.de

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    Petition

    Die VVN-BdA muss gemeinnützig bleiben!
    Antifaschismus ist gemeinnützig!

    Es gibt jetzt eine Petition gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit des VVN-BdA. Bitte unterschreiben und teilen!

    Jetzt unterzeichnen! www.openpetition.de/petition/online/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben

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    Resolution

    NRW-Finanzämter drohen der VVN-BdA mit Entzug der Gemeinnützigkeit

    Anfang des Jahres, pünktlich zum Gedenktag für die Befreiung des KZ Auschwitz, drohten nordrhein-westfälische Finanzämter in einer konzertierten Aktion und in gleichlautenden Schreiben damit, dem Landesverband NRW der VVN-BdA sowie mehreren selbständigen Kreisvereinigungen die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Und zwar dies rückwirkend.

    Einzig aufgeführte Begründung ist die Erwähnung der VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V.) in einem Verfassungsschutzbericht, jenem des Landes Bayern. Es gibt nur noch dieses Land, dass die VVN-BdA im VS-Bericht aufführt; es ist jedoch auch dort damit nicht der Entzug der Gemeinnützigkeit verbunden. Nordrhein-Westfalen stünde mit dem Vorgehen gegen die VVN-BdA und dem Entzug der Gemeinnützigkeit einzigartig da. Die Regierung Laschet (CDU) hat offenbar den Anspruch, sich an die Spitze der politischen AntiAntifa zu stellen.

    Als traditionsreiche und älteste Organisation des deutschen Widerstandes und der Naziopfer fordern wir die sofortige Einstellung der gegen die VVN-BdA gerichteten Maßnahmen. Eine solche konzertierte Aktion hat es in Nordrhein-Westfalen nicht einmal in Zeiten des Kalten Krieges gegeben. In diesen Zeiten stand die VVN zwar im Verfassungsschutzbericht, es wurde ihr aber nicht die Gemeinnützigkeit entzogen.

    Die VVN-BdA NRW e.V. kann auf mehr als 70 Jahre der kontinuierlich geleisteten demokratische Erinnerungs- und Gedenkarbeit sowie der Sozialarbeit für die Opfer des Nazismus zurückblicken.

    Unsere Vereinigung wurde 1947 von den Überlebenden der Konzentrationslager und Mitgliedern des Widerstandes gegen Faschismus und Krieg, von Verfolgten und Holocaustüberlebenden, ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern und aus der Emigration Heimgekehrten gegründet. Darunter waren Vertreter aller demokratischen Parteien, selbstverständlich auch die Kommunisten, die lt. Institut für Zeitgeschichte 70 Prozent des politischen Widerstandes geleistet haben.

    Eine aus der Geschichte gezogene Lehre war und ist für unsere Organisation, überparteilich und konfessionell ungebunden einen antifaschistischen Grundkonsens zu verteidigen. In Artikel 139 Grundgesetz sind die alliierten Bestimmungen zum Verbot der NSDAP und möglicher Nachfolgeorganisationen und -parteien eindeutig bestätigt.

    Für dieses und andere Ziele, insbesondere für den Frieden, die Völkerverständigung und die Hilfe für Geflüchtete und Verfolgte setzt sich die VVN seit ihrer Gründung unermüdlich ein. Wir arbeiten engagiert mit im Bundesverband Information und Beratung für NS-Verfolgte, um auch heute noch für die soziale Betreuung der Verfolgten und ihrer Hinterbliebenen zu sorgen.

    Viele Mitglieder der VVN waren als Zeitzeugen in Schulen, bei Veranstaltungen und auf Kundgebungen gegen Neonazi-Aufmärsche und für den Frieden aktiv. Dies geschah bereits in einer Zeit, da in den Regierungsparteien noch ehemals hohe Nazis mitwirkten.

    Besonders erinnern möchten wir an Kaplan Dr. Josef Rossaint (1902-1991), der als katholischer Jugendführer den Widerstand in Düsseldorf und Oberhausen anführte und im weltweit beachteten Katholikenprozess zu vielen Jahren Zuchthaus verurteilt wurde; er war viele Jahre lang aktiv in der VVN NRW und war Präsident der Bundesorganisation der VVN-BdA.
    Die Ehrenvorsitzende der VVN-BdA ist Esther Bejarano, Überlebende von Auschwitz, hochgeachtete Künstlerin.
    Weltkirchenratspräsident Martin Niemöller war ein enger Mitstreiter der VVN. Viele evangelische Geistliche waren Mitglieder der VVN. An der Gründung der VVN in NRW war der Ministerpräsident Rudolf Amelunxen beteiligt.

    Zu den weiteren hochgeachteten Zeitzeugen aus unserer Organisation gehörten u.a.:
    – Hans Frankenthal, Auschwitzüberlebender und Mitglied des VVN-Landesverbandes wie des Zentralrates der Juden in Deutschland
    – Jupp Angenfort und Karl Schabrod, ehemalige Mitglieder des Landtags NRW, Mitwirkende bei der Schaffung der Landesverfassung
    – Kurt Bachmann, Köln, politisch und rassisch Verfolgter, Auschwitzüberlebender,
    – Bruno Bachler, Duisburg, Edelweißpirat
    – Ernst Buschmann, ehem. Landtagsabgeordneter, Kommandeur im Kampf für die demokratische spanische Republik und Mitkämpfer der Resistance
    – Henny Dreifuss, Holocaustüberlebende und ehem. Widerstandskämpferin, Mitglied der Resistance, Düsseldorf
    – Fasia, Sängerin der Friedensbewegung, ehem. Häftling im KZ Neuengamme
    – Theo Gaudig, Essen, Überlebender von Buchenwald
    – Heinz Junge, Dortmund, Widerstandskämpfer und nach dem Krieg am Aufbau der Gedenkstättenarbeit in Dortmund beteiligt.
    – Hugo Paul, Minister der ersten NRW-Landesregierung
    – Max Reimann, Widerstandskämpfer, Mitglied des Parl.Rates zur Schaffung des Grundgesetzes
    – Klara Schabrod, Widerstandskämpferin, Düsseldorf
    – Maria Wachter, Widerstandskämpferin, Düsseldorf (in der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf steht ihr Denkmal)

    Unser Mitglied Alice Czyborra geb. Gingold hat als jüdisches Kind im Versteck in Frankreich überlebt und ist bis heute als Zeitzeugin aktiv. Angesehene Kommunalpolitiker und Gewerkschafter unseres Bundeslandes wirken in der VVN-BdA mit.

    Seit zehn Jahren arbeitet die Gruppe Kinder des Widerstandes mit der VVN-BdA zusammen, um die Erinnerung an ihre Eltern wachzuhalten.

    In den einzelnen Kreisverbänden wurde und wird von Überlebenden, in Zusammenarbeit mit Antifaschisten der nachfolgenden Generationen, die Auseinandersetzung mit den Ursachen von Faschismus und Krieg geführt, Aufklärung über neofaschistische Strukturen und Aktivitäten betrieben, werden Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Faschismus abgehalten; wird im Sinne der Losung ›Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg‹ wertvolle ehrenamtliche Arbeit, auch in örtlichen wie landesweiten Bündnissen, geleistet. Unvergessen sind die Reden von VVN-BdA-Repräsentant/innen auf den großen Kundgebungen der Friedensbewegung.

    Wir rufen die demokratische Öffentlichkeit, vor allem die Friedensbewegung und die Gewerkschaften auf, das Vorgehen gegen die VVN-BdA zu verurteilen und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen.

    Landesausschuss der VVN-BdA NRW
    Oberhausen, den 25. Februar 2019

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